Eine in Straf- und Familiensachen tätige Richterin des AG Lüdenscheid wurde nun in mehreren Fällen der strafbewehrten Rechtsbeugung überführt und verurteilt. Der BGH hob allerdings das vom LG Hagen verhängte Strafmaß auf, da bei den betreffenden Familiensachen die Rechtsbeugung lediglich durch Unterlassen erfolgte. Die Richterin verbrachte Akten in ihren privaten Keller damit sie diese nicht bearbeiten musste.
Der BGH:
"Die Beugung des Rechts durch die Angeklagte gründet jedoch darauf,
dass die unterlassene Bearbeitung der Familiensachen auf ihrem – mit Blick auch
auf ihre Einlassung vom Landgericht tragfähig belegten – Entschluss beruhte, die
dem Geschäftsgang entzogenen Akten nicht mehr zu bearbeiten. Die damit ver-
bundene Totalverweigerung, bei der ein Richter jede (weitere) Verfahrensförde-
rung endgültig ablehnt, kann Fällen der Rechtsbeugung gleichzustellen sein, in
denen eine zögerliche Bearbeitung auf sachfremden Erwägungen zum Vorteil
oder Nachteil einer Partei beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. September 2017
– 4 StR 274/16, BGHSt 62, 312 Rn. 31; Urteil vom 4. September 2001 – 5 StR
92/01, BGHSt 47, 105, 111).Die kategorisch verweigerte Verfahrensbearbeitung bleibt bei wertender
Betrachtung in ihrem Unrechtsgehalt hinter derartigen Fällen grundsätzlich nicht
zurück (vgl. auch BGH, Urteil vom 4. September 2001 – 5 StR 92/01, BGHSt 47,
105, 113 f. zur Vereitelung effektiven Rechtsschutzes)."
Der SPIEGEL:
Ein psychiatrischer Sachverständiger hatte die Richterin als voll schuldfähig eingestuft. Die Frau sei in den allermeisten Fällen in der Lage gewesen, ihre Arbeit gewissenhaft und ordentlich zu erledigen. Deshalb müsse man davon ausgehen, dass sie jederzeit die volle Realitätskontrolle gehabt habe.
Das Gericht sprach in der Urteilsbegründung von einer »hohen kriminellen Energie« bei der Angeklagten und lastete ihr vor allem negativ an, dass sie »keinerlei Skrupel hatte, ihr eigenes Fehlverhalten auf andere abzuwälzen«.
Gerade in Familiensachen kann die Unterlassung einer beschleunigten Verfahrensführung oder gar die Arbeitsverweigerung zu erheblichen Folgen für die betroffenen Kinder führen. Das kann Zweifel aufkommen lassen, die Unterlassung wäre minderschwer.