Der BGH stellt fest, dass das Gesetz das Wechselmodell nicht ausschliesst. Das ist insofern skandalös, als dass dieser Blick in das Gesetzbuch auch den Vorinstanzen möglich gewesen wäre (vgl. z.B. AG Heidelberg 31 F 15/14 und AG Erfurt 36 F 1663/13). Letztlich also erst jetzt festgestellt wird, dass seit Jahrzehnten Kindern das Grundrecht auf Betreuung durch beide Eltern durch Gerichte gesetzwidrig verweigert wird.
Wie wohl die rechtliche Auslegung zwar logisch ist (der gesund denkende Laie wundert sich) versäumt es der BGH leider zu den Rahmenbedingungen des Wechselmodells Stellung zu beziehen. Über Allgemeinplätze hinaus welche längst von der psychologischen Forschung widerlegt wurden erfolgt keinerlei Rechtsfortbildung die eine Pressemitteilung rechtfertigen würde.
So hatte bereits das AG Erfurt (AG Erfurt 36 F 1663/13) festgestellt, die Rechtsprechung, die die Anordnung eines Wechselmodells dann ablehnt, wenn ein Elternteil sich dagegen ausspricht, geht im Wesentlichen davon aus, dass die Eltern eine hohe Bereitschaft haben müssen, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren. Schon dieser Ausgangspunkt sei fragwürdig. Dieser Rechtsprechung, so das AG, lägen keine gesicherten Forschungsergebnisse zu Grunde.
So werden auch zukünftig Gerichte unter Hinweis auf den Beschluss des BGH Kindeswohldienliche Umgangsregelungen ablehnen mit der Begründung, dass der deswegen vor Gericht geführte Streit die mangelnde Kommunikationsfähigkeit der Eltern untereinander belegen würde und diese damit auch nicht in der Lage wären ein Wechselmodell im Sinne ihrer Kinder durchzuführen.
Der BGH verkennt ebenfalls, dass auch bei allen anderen Betreuungsmodellen hohe Anforderungen an die Eltern gestellt werden, damit die Kinder nicht den Kontakt zum weitgehend abwesenden Elternteil verlieren.
Interessant im Vorverfahren auch, dass hier das OLG auf die angeordnete und zwingend erforderliche Anhörung des Kindes verzichtete, da die Mutter das Kind einfach nicht mit zum Termin brachte.
BGH Beschluss vom 01.02.2017 XII ZB 601/15