Am 25.09. beschäftigt sich der Rechtsausschuss auf Antrag der GRÜNEN mit dem Thema Richterfortbildung und familiengerichtliche Verfahren. Während die Bundesländer (z.B. Hamburg) z.T. hier bereits die Beschlüsse von 2016 umgesetzt haben, ist die Bundesregierung trotz Vereinbarung im Koalitionsvertrag untätig.
Haben die GRÜNEN die Problematik erfasst? Ganz klares Jain. Aber eine große Anerkennung gebührt ihnen für den Ansatz. Fort- und Weiterbildung ist einer der Knackpunkte damit Verfahren vor dem Familiengericht für Kinder gut ausgehen. Allerdings geht der Ansatz nicht weit genug, da die GRÜNEN das Problem der Gerichtsbarkeit und der beteiligten Professionen nicht erfasst haben.
Einige Beispiele:
Die GRÜNEN (wie auch die SPD) lehnen nach wie vor die Gleichberechtigung von Mann und Frau im Familienrecht ab. Bei der Ablehnung der Doppelresidenz (fälschlicherweise auch Wechselmodell genannt) geht es ihnen in erster Linie um die Existenzsicherung von Müttern und nicht um die Möglichkeit von Kindern mit beiden Eltern auch nach der Trennung leben zu können. Zunächst sollte es also Ziel sein und garantiert werden, dass Kindern ihre Beziehungen zu beiden Elternteilen auch nach der Trennung erhalten bleiben.
Die GRÜNEN schreiben in Ihrem Antrag zur Änderung des GVG, dass statt einem Einzelrichter eine Besetzung mit 3 Richtern mehr Sicherheit im Familienverfahren gebe. Das ist insofern blauäugig, als das dieses Verfahren auch bei den OLGs bereits nicht funktioniert. Es ist immer nur ein Richter der die Entscheidung vorbereitet; die anderen haben – selbst wenn man guten Willen voraussetzt – einfach nicht die Zeit sich mit der Entscheidung auseinanderzusetzen. Die GRÜNEN müssten hier also zusätzlich einen massiven Stellenausbau fordern.
Es ist auch nicht der Fall, dass erfahrene Richter unerfahrene unterstützen könnten. Dieses mag verfahrensrechtlich teilweise vor heute noch vielfach stattfindenden Rechtsbeugungen schützen. Tatsächlich aber gibt es in Deutschland kaum Richter, die die Konsequenzen ihrer Beschlüsse kennen. Richter treffen also Entscheidungen die letztlich auf ihrer Meinung beruhen und nicht auf Erkenntnissen (die auch Gutachter nicht haben). Es gibt nach wie vor nähmlich keine gesetzlich vorgeschriebene Evaluierung der Beschlüsse, weder lang- noch kurzfristig. Obschon man heute weiss, dass Scheidungskinder die im Residenzmodell aufwachsen bzw. entfremdet wurden signifikant schlechterere Chancen haben.
Auch haben die GRÜNEN anscheinend eine hohe Meinung über die Fachkenntnisse von Jugendamtsmitarbeitern. Insider wissen, dass gerade in Jugendämtern ein unglaubliches Beharrungsvermögen besteht. So gibt es keine Fachaufsicht und Mitarbeitende wehren sich häufig gegen klare Dienstanweisungen.
Fazit: Es wird an Symptomen herumgedoktort ohne eine ganzheitliche Betrachtung der Ursachen. Trotzdem: werden die Ursachen eines fernen Tages beseitigt, können die Maßnahmen zu besseren Ergebnissen führen. Will man über Einzelfälle hinaus etwas bewirken, so sollte man die Zahl der Verfahren – wie uns unsere europäischen Nachbarn zeigen – erstmal dadurch senken, dass Kindern und Elternteilen ein gleichberechtigtes Zusammenleben (Doppelresidenz) auch nach der Trennung gesetzlich ermöglicht wird. Für (ungewöhnliche) Fälle von Missbrauch und Gewalt gibt es bereits heute wirksame gesetzliche Regelungen, die unmittelbares Eingreifen ermöglichen.